Nanoröhrchen revolutionieren Bildschirme

Ulmer Wissenschaftler findet Methode, um Kohlenstoff-Nanoröhrchen miteinander zu verbinden

Kohlenstoff-Nanoröhrchen werden in wenigen Jahren die Technik von Flachbildschirmen revolutionieren. Dieser Überzeugung sind sowohl Samsung, das bereits seit längerem mit dieser Technik experimentiert, als auch Florian Banhart von der Zentralen Einrichtung Elektronenmikroskopie an der Universität Ulm. Er hat nach eigenen Angaben eine Methode entdeckt, leitfähige Verbindungen auf dem Maßstab von Nanometern herzustellen. Damit können die Nanoröhrchen miteinander und mit ihrer Peripherie verschaltet werden.

Die Forschungen zu elementarem Kohlenstoff lebten mit der Entdeckung der Fullerene im Jahre 1985 auf. Als wichtigste neue Modifikation gelten inzwischen Nanoröhrchen, die 1991 vom Wissenschaftler Sumio Iijima in Japan entdeckt wurden (ZDNet berichtete). Sie bestehen aus einer oder mehreren konzentrischen, zylinderförmigen Graphitlagen.

Einlagige Kohlenstoff-Nanoröhrchen können Durchmesser von weniger als einem Nanometer, mehrlagige bis zu einigen zehn Nanometern haben. Damit sind sie nicht nur die kleinsten bekannten röhrenförmigen Gebilde in der Natur, sondern verfügen auch über ungewöhnliche Eigenschaften, die inzwischen für zahlreiche Rekorde in der Materialwissenschaft gesorgt haben. Die hohe elektrische Leitfähigkeit etwa sorgt zusammen mit dem kleinen Durchmesser für ideale Eigenschaften als Feldemitter, die zum Beispiel in der Bildschirmtechnik eine Schlüsselrolle spielen. Samsung in Korea hat laut Banhart bereits die ersten Displays mit Feldemittern auf der Basis von Nanoröhrchen vorgestellt.

Kohlenstoff-Nanoröhrchen haben weitere Eigenschaften, die sie für Anwendungen in der Nanoelektronik höchst interessant machen. Kohlenstoffatome in einer Graphitlage bilden ein wabenförmiges Muster aus Sechsecken. Je nach Helizität verhält sich das Röhrchen entweder metallisch, also elektrisch ideal leitend, oder halbleitend. In der metallischen Konfiguration können Nanoröhrchen somit als Drähte verwendet werden, um kleinste elektronische Bauelemente miteinander zu verbinden. Bauelemente in der Nanoelektronik können auch aus halbleitenden Nanoröhrchen selbst aufgebaut sein. Vor wenigen Monaten wurde an der Universität Delft der erste bei Zimmertemperatur funktionsfähige Transistor auf der Basis von Nanoröhrchen im Labor realisiert.

Damit Kohlenstoff-Nanoröhrchen miteinander und mit ihrer Peripherie verschaltet werden können, müssen jedoch elektrisch leitfähige Kontakte hergestellt werden, wie es etwa durch Löten in der heutigen Elektronik geschieht. Auf dem Maßstab der Nanoröhrchen ist Löten mit flüssigen Metallen oder Punktschweißen nicht mehr ohne weiteres durchführbar. Hier hat Banhart eine Lösung gefunden.

Proben, die Kohlenstoff-Nanoröhrchen enthielten, wurden längere Zeit unter normalen Umgebungsbedingungen gelagert. Dabei scheiden sich auf den Nanoröhrchen, wie auf fast allen Materialien, kleine Mengen von Kohlenwasserstoffen aus der Luft ab. Diese Probenkontamination ist seit langem wohlbekannt und im allgemeinen unerwünscht, da auf diese Weise saubere Oberflächen allmählich mit einer dünnen Kohlenwasserstoffschicht bedeckt werden. Bei Zimmertemperatur sind diese Kohlenwasserstoffmoleküle hochbeweglich und wandern beständig auf den Oberflächen. Wird eine solche Probe im Elektronenmikroskop dem für die Abbildung benötigten hochenergetischen Elektronenstrahl ausgesetzt, wandeln sich die Kohlenwasserstoffe unter dem intensiven Elektronenbeschuss in amorphen Kohlenstoff um, wobei der abgespaltene Wasserstoff entweicht.

Der amorphe Kohlenstoff ist jedoch nicht mehr beweglich, was zur Folge hat, dass ständig Kohlenwasserstoff-Moleküle in den bestrahlten Bereich hineinlaufen, wo sie gespalten werden und als amorpher Kohlenstoff zurückbleiben. Auf diese Weise kann in dem bestrahlten Bereich je nach Bestrahlungsdauer kontrolliert eine bestimmte Menge an Kohlenstoff abgeschieden werden. Unter fortgesetzter Bestrahlung wandelt sich der amorphe in graphitischen Kohlenstoff um, der elektrisch leitfähig ist.

Banhart will nun in einem weiteren Schritt in Kooperation mit externen Spezialisten die elektrische Charakterisierung dieser Kontakte vornehmen. Bei der heutigen Kenntnis über die Natur des abgeschiedenen Kohlenstoffs ist zu erwarten, dass ein derartiger Kontakt eine gute elektrische Verbindung zwischen den Nanoröhrchen herstellt. Damit steht jetzt ein „Lötenverfahren“ auf der Nanometerskala zur Verfügung.

Kontakt:
Zentrale Einrichtung Elektronenmikroskopie, Universität Ulm, Tel.: 0731/5023441 (günstigsten Tarif anzeigen)

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